Geht doch! ISAs ersetzen IDW PS wegen Umsetzungsschwächen
Am Mittwoch, den 13.09.2017, verkündete das IDW während einer online-Veranstaltung seinen Ausstieg aus der IDW-ISA-Transformation. Dieser Wechsel scheint eine IDW-interne Angelegenheit zu sein. Bislang blieb die Öffentlichkeit von dieser Nachricht verschont, es scheint sich wohl nur um IDW-Interna zu handeln. Auch auf der Website der Wirtschaftsprüferkammer erfährt das WPK-Mitglied dazu nichts.
Der "Modellwechsel bei den Prüfungsstandards" wurde von IDW-Vorstand Dr. Feld u.a. damit begründet, dass die IDW-PS-Transformation der ISAs Schwächen hatte. Diese Aussage findet sich zwar in keinem offiziellen Statement des IDW, ist aber in der Welt und trifft wohl den Nagel auf den Kopf. Was will uns das IDW mit seinem Eingeständnis noch mitteilen? Was bedeuten die Umsetzungsschwächen für die bisherigen PS-Nutzer? Dazu schweigt bislang auch die WPK.
Nach den ersten schriftlichen Äußerungen des IDW ist davon auszugehen, dass das IDW versucht den angelsächsischen Weg der ISA zu gehen. Darauf lässt die Modifizierung/ Ergänzung der ISA durch sog. D(eutschland)-Textziffern schließen. Zusätzlich soll es also für von den ISAs nicht abgedeckte Bereiche weiter IDW Prüfungsstandards geben. Für uns ist es sehr fraglich, ob es noch einen PS für die Prüfung des Lageberichts braucht oder geben wird.
Streikte die Abschlussprüferaufsicht bei der Überprüfung der IDW-Prüfungsstandards?
Über die teilweise schlechte deutsche Über-/Umsetzung der ISA haben wir bereits im Newsletter 2017-29 vom 12.09.2017 berichtet. Mit Verweisen auf das Buch von Dr. Krommes "Handbuch Jahresabschlussprüfung" und auf den Aufsatz im BB von Prof. Dr. Hansrudi Lenz haben wir diese Aussage begründet. Prof. Lenz wies im Zusammenhang mit dem IDW-PS-400-Desaster (gesetzeswidriger Bestätigungsvermerk) zusätzlich auf die Verantwortlichkeit der APAS hin. Danach hätte die APAS wohl einschreiten müssen.
“Die Prüfungsstandards des IDW werden nicht kontrolliert, obwohl die Abschlussprüferrichtlinie eine Letztverantwortung der Abschlussprüferaufsicht auch für die Prüfungsstandards vorsieht” zitiert Prof. Lenz die Dissertation von Schülke, IDW Standards und Unternehmensrecht, 2014, S. 333.
Beim EPS 400 kommt Prof. Hansrudi Lenz zum Ergebnis: "Das Beispiel Bestätigungsvermerk belegt: Der vom IDW eingeschlagene deutsche Sonderweg bei der Umsetzung der ISA ist ein Irrweg." Und dieser Irrweg wird nun vom IDW geschlossen. Oder haben im Hintergrund die Big4 die Reißleine gezogen?
Was sind die konkreten Schwächen der IDW PS und wer beseitigt diese auf schnellste Weise? Eines war 2011 schon klar, als man versuchte, die Skalierung in der Abschlussprüfung einzuführen: Mit den IDW PS kann die Skalierung kaum gelingen.
Braucht das IDW eine intellektuelle Reha-Phase?
Das IDW verbindet den Modellwechsel zu ISA mit der Aussage: "Künftig werden die ISA unmittelbar Bestandteil der vom IDW festgestellten Grundsätze ordnungsmäßiger Abschlussprüfung (GoA), ggf. unter Berücksichtigung nationaler Besonderheiten". Bei dem eigenen Eingeständnis der Umsetzungsschwächen (für uns ist die ISA-Umsetzung zum Teil eine Mängellieferung), für Prof. Lenz ein Irrweg und für Dr. Krommes (Handbuch Jahresabschlussprüfung) ist die IDW-Übersetzung zum Teil nicht über das "Common English" hinaus gekommen und hat damit bei der Übersetzung die Original-Kernaussagen nicht richtig getroffen (4. Auflage, S. 717).
Das Beiratsmitglied Michael Gschrei hat zu dieser überraschenden Entwicklung einen Fragenkatalog an die WPK-Führung gerichtet.
Das IDW und die Feststellung der GoA?
Ob die ISA wirklich beim IDW schon angekommen sind, bezweifeln wir. Der Rückstand bei der Übersetzung ist noch enorm und die Qualität der bisherigen Übersetzung wird allgemein als verbesserungsfähig eingestuft. Trotzdem will das IDW die Standards schon im dritten Quartal 2018 verabschieden. Die alten Prüfungsstandards sollen mit Wirkung von 2020 aufgehoben werden. Unterstützen will das IDW die Anwendung mit Fragen und Antworten zu ISA und IDW PS (Anwendungshinweise).
Es sind noch viele Fragen offen. Eine der ungeklärten Fragen ist die vom IDW ausgesprochene Selbstautorisierung des IDW als die Organisation, die die Grundsätze ordnungsmäßiger Abschlussprüfung (GoA) feststellt (nicht festlegt). Bei diesem Thema werden wohl nicht nur wir Einspruch einlegen, sondern auch andere Organisationen und Gruppen.
Vielleicht hat sich das IDW noch nicht mit der Rechtslage auf der Basis der EU-VO Nr. 537/2014 auseinandergesetzt. Die Letztverantwortung über die Prüfungs-standards liegt bei der Abschlussprüferaufsichtsstelle, nicht beim IDW!
Was wird aus dem wp.net Fachgutachten zur ISA-Anwendung?
wp.net hat Ende März 2017 seinen Entwurf des Fachgutachtens (FG) zur ISA-Anwendung veröffentlicht. Die Äußerungen der WPK haben u.a. dazu geführt, dass das FG überarbeitet wurde. Diese Arbeiten sind noch nicht abgeschlossen. Die Hinweise der WPK wurden aufgegriffen, mit der Folge, dass das FG an Umfang zugenommen hat. Diesen Umfang wollen wir verringern, weil die Lösungen vielfach in den ISAs stehen und nicht mehr erläutert werden müssen.
Weiter wird es erforderlich sein, dass das deutsche Fachschrifttum die ISA-Standards aufgreift und Aufsätze dazu veröffentlicht. Nur so wird der WP-Mittelstand seine verhältnismäßigen ISA-Prüfungsstandards erhalten.